Sonntag, 30. Dezember 2012

Das Jahr mit meinen Hunden

Nur noch zwei Tage, dann ist das Jahr 2012 Geschichte. Für mich war es ein besonders spannendes Jahr, denn am 15. Januar kamen meine beiden Adoptiv-Kinder, Apollo und Zeus, ins Haus.

Wie viele von euch wissen, hatte ich mir im Herbst 2011 überlegt, mir zwei Hunde aufzunehmen. Jetzt, wo ich den ganzen Tag zu Hause bin, kann ich mich ja gut um sie kümmern. Und weil ich keine Vorliebe für irgendeine Rasse habe, durften es auch zwei Mischlinge sein, gern aus dem Tierheim. Sie sollten nur jung sein, weil ich mir nicht zutraute, mit erwachsenen traumatisierten Tieren klar zu kommen.

Letztendlich habe ich mich für zwei Hunde aus einem ungarischen Auffanglager für gestrandete Hunde und Katzen entschieden, vermittelt von der Tierhilfe West e.V. (http://www.tierhilfe-west.de). Das waren die Fotos, nach denen ich meine zwei Racker ausgesucht habe:

bruckenfamilie13     bruckenfamilie14

Heute, fast ein Jahr später, kann ich sagen: Es war eine gute Entscheidung.

Aber: Ich hatte in den ersten Monaten eine ganz schön schwere Zeit. Wenn man mich fragte, ob ich es noch einmal tun würde… Ich wüsste die Antwort nicht!

In den Erfolgsberichten von vermittelten Tieren werden die Vierbeiner immer in den höchsten Tönen gelobt, fast nie liest man von Schwierigkeiten, alle Tiere vertragen sich auf Anhieb untereinander, sind anhänglich und folgsam.

Ich kann euch nur sagen, es war verdammt anstrengend, Zeus und Apollo in meinen Alltag zu integrieren – und das, obwohl ich beste Voraussetzungen habe. In den ersten vier Wochen habe ich tatsächlich Panikattacken gehabt, das Ganze nicht zu packen. Wenn damals jemand gekommen wäre, mir die Hunde abzunehmen, ich hätte noch Geld dazugegeben.

Das sind Fotos von der Abreise in Ungarn:

Bernát elutazott2 14.01.2012   Bernát elutazott 14.01.2012.Bulcsu elutazott3 14.01.2012   Bulcsu elutazott 2 14.01.2012

Durch den Dauer-Durchfall der beiden wurde ich Stammkunde bei Aldi für Putenbrust. An der Kasse hat mich nie jemand angesprochen, aber komisch geguckt haben sie schon, wenn ich alle paar Tage mit 15 Paketen Putenbrust und kiloweise Reis nach Hause ging. Acht Wochen lang haben die Hunde fast jede Nacht in ihre Käfige gemacht – obwohl ich mit ihnen spät nachts und früh morgens draußen war. Das hieß täglich Decken waschen, Wohnzimmer lüften.

Gott sei Dank schlugen irgendwann die Entwurmungsmittel der Tierärztin an. Übrigens eine tolle Frau, die mich von Anfang an beruhigte, dass wir das schon in den Griff bekommen würden.

Von allen Seiten wurde ich damals kritisiert und nachträglich gewarnt, warum ich denn um Gotteswillen ausländische Hunde genommen hätte. Ob ich denn nicht wüsste, dass die meisten mit dem gemeinen Parvo-Virus infiziert seien und man auf die Impfpässe ausländischer Organisationen nichts geben dürfte, weil die ja doch gefälscht seien…

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Bernat und Bulcsu, die ich ja in Zeus und Apollo umgetauft habe, waren und sind zwei völlig unterschiedliche Charaktere. Während Zeus sich bald recht gut eingelebt hatte, blieb Apollo lange Zeit ein verschrecktes Nervenbündel, das am liebsten unter den Teppich gekrochen wäre, wenn Besuch kam. Und der kam – bedingt durch den Reitunterricht – ja regelmäßig.

Ich muss mich an dieser Stelle bei allen Reitschülern bedanken, die sich strikt an meine Anweisung, die Hunde total zu ignorieren, gehalten haben. Das gab ihnen die Sicherheit, dass niemand etwas von ihnen will…

Apollo und Zeus reagierten sich auf ihre Weise ab: Sie haben meine neuen Reitschuhe zerfleischt, einen 50-Euro-Schein fast ganz gegessen, Küchen- und Klorollen zerlegt, den Flor aus dem Teppich gerupft und Löcher im Garten gegraben.

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Und sie fingen an, meinen (“ihren”) Garten zu verteidigen, knurrten sogar Elsa an, als sie einmal zu Besuch war und mir Kaffee ans Bett bringen wollte. Ich fühlte mich zwar geehrt, dass die zwei so auf mich aufpassen wollten, aber das durfte nicht sein. Schließlich bin ich das Alphatier unseres Rudels und trage allein die Verantwortung!

Das warf also die nächste Schwierigkeit auf: Ich musste die Hunde erziehen und zwar schleunigst! Eins war von vornherein klar: Es sollte gewaltfrei sein. Schon Wochen vorher hatte ich mir DVDs von diversen Hundetrainern angesehen – von Cesar Milan über Maja Nowak bis hin zu Martin Rütter. Aber keiner dieser Trainer ging auf verschreckte Tierheimhunde ein, und wenn, dann nur sehr rigoros bis hin zu “konsequenten Maßnahmen”. Damit hätte ich Zeus und Apollo erst recht verschreckt.

Schließlich hörte ich in einem Hundeforum von der englischen Trainerin Jan Fennell. Sie hat in den letzten 30 Jahren eine Trainingsmethode namens “Amichien Bonding” entwickelt. Wenn es euch interessiert, schreibe ich gern etwas darüber, denn die Methode besteht aus nur ganz wenigen Regeln und einem 30-Tage-Grundprogramm. Ich kann nur sagen: Das war DER Erfolg schlechthin. Leider habe ich diese Methode erst entdeckt, als die Hunde schon drei Monate bei mir waren. Ich hätte es viel leichter gehabt, hätte ich diese Methode von Anfang an angewandt… Vor allem mit der engen Bindung. Denn Apollo und Zeus haben eine Menge Jagdtrieb und Abenteuerlust.

Apollo-und-Zeus

So wie das Wetter es im Frühjahr zuließ, baute ich den beiden einen großzügigen Auslauf neben dem Reitplatz: Gute 500 Quadratmeter Freifläche! Aber das war den beiden Rackern nicht genug. Sie nutzten jede Gelegenheit, ihr Gehege unerlaubt zu verlassen. Die ersten Male war ich richtig in Panik. Obwohl ich die beiden auf der Wiese rennen sah – und sie mich auch – kamen sie nicht, liefen weiter, bis sie aus meinem Blickfeld verschwunden waren. In Nullkommanichts hätten sie mehrere Kilometer zurücklegen können. In welche Richtung hätte ich suchen sollen? Ich hatte Angst, sie könnten auf die Straße geraten und in ein Auto laufen. Die Hunde würden sich von keinem Fremden einfangen lassen, erst recht weiter weglaufen, wenn sie jemand zu sich gelockt hätte. Nach diesen Erfahrungen baute ich den Hundezwinger mit Bauzäunen zu einem kleinen Fort aus. Heute könnte ich dort vermutlich sogar Giraffen sicher unterbringen Smiley .

Im Mai kaufte ich zusätzlich 800 Meter Hundenetz und zäunte damit die Dreieckswiese ein. Jetzt endlich konnte ich sie auch außerhalb der Halle frei toben lassen. Was haben sie den Frühsommer dort genossen!

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Nun konnte ich auch endlich sicher das “Komm” trainieren. Bei gutem Wetter verbrachte ich täglich mehrfach meine Zeit mit ihnen auf der Wiese, setzte mich zu ihnen ins Gras, beobachtete sie beim Raufen.

Dann kamen die Schleppleinen dazu und ich ging mit den beiden auf die große Wiese zum Toben und Erkunden.

Und wie geht es den beiden heute?

Wir drei haben uns aneinander gewöhnt und lieben uns. Jedenfalls kann ich das von mir behaupten. Ob mich die Hunde lieben, kann ich nur hoffen. Ich weiß, wie viel und was sie fressen dürfen und ich kriege nicht mehr gleich Herzklopfen, wenn einer der Hunde mal fiept oder komisch atmet. Die Hunde sind natürlich längst stubenrein, lassen die Katzen in Ruhe und machen auch seit Wochen nichts mehr kaputt. Nicht einmal Essen wird vom Tisch geklaut, wenn sie mal versehentlich ohne Aufsicht mit dem Kuchen im Wohnzimmer sind.

Wenn es ihnen gelingt, laufen Apollo und Zeus immer noch weg, aber nur, um ein wenig die Gegend zu erkunden. Sie haben herausgefunden, dass sie ihre Nase unter das Hundenetz drücken und sich dann unter durchzwängen können. Wenn ich ihnen nachgehe und sie sehe, dann kommen sie sofort auf Zuruf. Natürlich bin ich stets ausreichend mit Leckerlis “bewaffnet” und lobe sie über den grünen Klee. Ich kann sie mit einem Pfiff von der Dreieckswiese holen und gehe mit ihnen inzwischen auch im Dorf ohne Leine spazieren. Aus Sicherheitsgründen trägt Zeus immer noch eine kurze Schleppleine – man weiß ja nie…

Meine Reitschüler haben sie nicht nur akzeptiert, sie lieben sie sogar und quetschen sich neben sie aufs Sofa, um ja eine Kuscheleinheit zu ergattern. Und die kriegen sie von allen immer.

Wir haben geübt, dass sie auch mit Reitschülern – allen voran Julia, Sabrina und Angela – an der Leine mitgehen. Selbst der ängstliche Apollo folgt ihnen inzwischen fröhlich. Männer mag Apollo bis heute nicht, aber er muss sie nicht mehr ausbellen und anknurren.

Sie haben sich meinem Lebensrhythmus angepasst, sind zu wahren Langschläfern geworden. Oft gehen sie vor mir ins Bett – auf ihre Decke in meinem Schlafzimmer. Sie lieben unsere Kuscheleinheiten auf dem Sofa und die Leckerli-Versteck-Spiele im Wohnzimmer.

Apollo und Zeus sind zu stattlichen Junghunden herangewachsen, inzwischen 14 Monate alt. Sie machen Eindruck, und ich fühle mich mit ihnen eine ganze Ecke sicherer, wenn ich im Dunkeln allein zu den Pferden muss.

Für alle, die es interessiert: Ich habe einen Videofilm vom ersten Jahr zusammengeschnitten. Er ist etwas über 20 Minuten lang. Also nicht wundern, wenn es mit dem Laden etwas länger dauert. Klickt für den Film wieder auf das Foto.

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